Dienstag, 25. August 2009

Abea (6 = Schluss)


... Stumm horchte Abea an Samanthas Bauch, dort wo jetzt nichts mehr zu hören war. Sie spürte die Hand der weinenden Mutter auf ihrem Kopf, aber sie hörte auch deren Gedanken.
Wenn du nicht wärst, dann wäre bald mein eigenes Kind da.
Leise war hinter ihnen die Tür aufgegangen. Müde warf Sam seine Tasche in eine Ecke, so dass sich „seine beiden Frauen“ erwartungsvoll zu ihm umdrehen.
Abeas Werte sind jetzt okay. Burkland konnte nicht die geringste Radioaktivität mehr in ihren Zellen feststellen.“
Das Mädchen sprang auf, lief die Treppe hinauf, schloss sich in ihr Zimmer ein, warf sich aufs Bett und prügelte mit der Stirn auf das unschuldige Kopfkissen ein.
Oh, könnte sie doch endlich die fremden Gedanken von sich fern halten. Nein sie war kein Monster! Nicht einmal „Unser Monster“, wie in Mums Gedanken! Nein, das schon gar nicht.
Am nächsten Morgen stiegen nur noch vereinzelt Qualmwölkchen aus dem niedergebrannten Haus der Mc Faddens. Samuel Mc Fadden hielt seine zitternde Frau in den Armen. „Nicht auch noch Abea, nicht auch noch Abea!“
Wieder ist eine Stunde um.
Auf dem Schreibtisch liegt eine verschmierte Notiz. „Von einem etwa zehnjährigen Mädchen, welches ein Armeeangehöriger namens Mc Fadden oder wie auch immer angeblich aus dem Krieg mitgebracht haben will, ist im Stab nichts bekannt.“ Mir ist so egal, ob Sam sich Abea ausgedacht hat, um sich vielleicht für ein Kind zu entschuldigen, das dank seines Einsatzes gestorben ist, er bei mir nur Bestätigung sucht, dass er nicht anders hätte handeln können, oder was auch immer. Ich habe mein Geld damit verdient zuzuhören. Ich möchte nicht mehr darüber reden. Ich verabschiede den halb mumifiziert wirkenden Mann mit einem Händedruck. Die letzten Worte seiner Geschichte klingen in mir nach: „Für einen Moment, einen winzigen, aber eben einen vorhandenen Moment, ging mir durch den Kopf. Ach wäre sie doch damals schon mit verbrannt …“

 Die Erzählung erschien 2009 in einem Sammelband mit utopischen Geschichten „Mein außerirdischer Liebhaber“ bei der dorante Edition.

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